Leserbrief Gorleben

Leserbrief betr. CZ/Wagner vom 7.5.96

 

Herr Wagner, verantwortlicher Mitarbeiter der CZ, hält es für nötig, am 7.Mai, also während die Auseinandersetzungen um den zweiten CASTOR-Transport nach Gorleben ihrem Höhepunkt zutreiben, auf der Niedersachsenseite über die Taten ein paar Radikaler sowie über die Befindlichkeiten des zuständigen Polizeiministers zu berichten: ob er ein ruhiges Wochenende gehabt habe, ob er mit der Polizei zufrieden gewesen sei etc. Eine Hof-Berichterstattung, wie sie einem Minister, der offenkundig - wie sein Ministerpräsident - zum Erfüllungs-gehilfen großindustrieller Machtinteressen heruntergekommen ist, ja vielleicht auch wirklich angemessen sein mag.

 

Kein Wort über den Widerstand einer ganzen Region, die sich die Vergewaltigung durch Bundes- und Landesregierung nicht beugen will; kein Wort von den (nur als Beispiel) 79 Geschäften und Firmen, die die Arbeit am Tag X einstellen, den 61 Arztpraxen, die geschlossen bleiben, damit Inhaber und Personal sich aktiv 'querstellen' können; kein Wort von den zahlreichen Bürgermeistern der Region, die - unabhängig von Parteizugehörigkeit - sich an den Aktionen gegen den CASTOR-Transport am Tag X aktiv beteiligen wollen, nicht zu reden von den Willensäußerungen aller Pastoren, eines Großteils der Lehrerschaft, ganzer Schulelternräte und der ungezählten Einzelnen, die mit ihrem Namen einstehen für den Widerstand. Herrn Wagner liest offensichtlich nicht die Vorort-Presse, sondern befleißigt sich zu erfahren, ob der Minister "ein ruhiges Wochenende verlebt" habe.

 

Gewalttaten, bei denen Menschen - und Natur übrigens - zu Schaden kommen können, sind abzulehnen: das ist als Konsens von fast 100 % der Atomkraft-gegner bewährt und erwiesen. Erwiesen ist aber auch, daß Gewalttaten außer-ordentlich pressewirksam sind, wie Herr Wagner selbst in seinem Bericht demostriert: ihn interessieren nicht die Tausende, die seit Tagen gewaltlos und fantasievoll ihren Willen kundtun; erst aus Gewalttat wird bei Herrn Wagner (und in einer Vielzahl anderer Medien) eine Meldung. Insofern kommt den Medien - und auch Herrn Wagner - ein gut Teil Mitschuld an derartigen Vorfällen zu! Schlechte Berichterstattung, Herr Wagner, und nicht geeignet, Information und Meinungsbildung im Einzugsbereich der CZ sachgemäß voranzubringen!

 

Martin Dethlefs, Hermannsburg

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