nicht geeignet ?

Antwort auf Vorwürfe des Ratsmitgliedes Brandt, Martin sei in Gorleben gewalttätig gewesen und deshalb nicht geeignet für das Bundesverdienstkreuz  

Das Lager im Gräflich Bernstorf'schen Wald und der folgende Rechtsstreit:

1.1 Am Samstag vor dem ersten Cator-Transport (am folgenden Montag) befanden wir uns als Hermannsburger Gruppe mit vielen anderen in einem Waldstück des Grafen Bernstorf neben dem Zwischenlager. Graf Bernstorf/Gartow hatte dies ausdrücklich unterstützt. Die Bezirksregierung Lüneburg als Polizei-Leitstelle hatte den Aufenthalt in diesem Waldstück - bereits zwei Tage, bevor der Castor überhaupt irgendwo losfuhr - untersagt.

1.2 Gegen diese Maßnahme erhoben unsere Anwälte sofort Einspruch und erhielten in erstem (vorläufigen) Gerichtsentscheid Recht: Die Polizeimaßnahme wurde aufgehoben.

1.3 Ein sofortiger Einspruch, nunmehr seitens der Polizeibehörde, erhielt bei der nächsten Instanz (wiederum vorläufig) den Zuschlag; das Verbot wurde wieder hergestellt. In dieser mehr als unsicheren Rechtssituation begann die Polizei mit der Räumung.

1.4 Die endgültige Entscheidung des Obergerichtes - Monate später und daher für den Streitfall zu spät - ging wieder zu unseren Gunsten aus: Die Maßnahme wurde (mit meinen Worten) zu dem Zeitpunkt als völlig überzogen (zwei Tage vor dem Castor-Termin; zudem an einem Samstag: die meisten Demonstrations-Teilnehmer würden mit Sicherheit am Montag wieder arbeiten müssen!) daher gegenstandslos und nicht rechtens beschrieben.

2. Meine Festnahme und der folgende Rechtsstreit:

2.1 Wir hatten bei diesem Lager im gräflichen Wald mehrere Jugendliche aus Hermannsburg, für die wir sorgen mußten. Als daher die Polizei zur Räumung ansetzte, schickten wir die Jugendlichen mit einer Gruppe Erwachsener in rückwärts gelegene Teile des Waldes, wo keine Festnahme-Gefahr bestand. Meine Frau, meine Tochter und ich begaben uns in die vorderste Reihe gegenüber der Polizei (Grund: die uns umgebenden jungen Menschen nicht allein zu lassen und zu erkunden, was im Polizeigewahrsam geschehen würde!)

2.1.1 Meine Frau forderte die noch in Bereitschaft stehenden Polizisten auf, sie festzunehmen. Hierfür mußte seitens der Polizei erst der Einsatzleiter befragt werden. Meine Frau wurde - ohne jede Härte! - abgeführt. Sie wurde erkennungsdienstlich behandelt, mit einem Polizeifahrzeug nach Lüchow gebracht und dort freigelassen - und kam alsbald mit einem Fahrdienst der Gorlebener Freunde in den Wald zurück.

2.1.2 Meine Tochter und ich wurden während der folgenden Räumung festgenommen, erkennungsdienstlich behandelt und mit dem Gefängnisbus in die Polizeikaserne nach Neutramm verbracht - und dort auch freigelassen.

2.2 Zusammen mit ca. 35 weiteren Demonstrationsteilnehmern wurden wir vor dem Amtsgericht Dannenberg angeklagt. Alle ca. 35 Angeklagten wurden innerhalb ca. einer Woche freigesprochen. Der Staatsanwalt, der bereits nach etwa der fünften Verhandlung eine Niederschlagung des gesamten Verfahrens zu erreichen versuchte, erhielt dazu von der Oberstaatsanwaltschaft aber keine Erlaubnis.

2.3 Die Ober-Staatsanwaltschaft ging in Revision, ließ das Urteil annullieren und eine neue Auflage des Prozesses vor einem anderen Amtsgericht anordnen. Hier folgte zunächst eine längere Auseinandersetzung unserer Anwälte mit der Staatsanwaltschaft, mit dem Resultat, daß wir am Ende nur noch jeder 10,- DM Strafe zu erwarten hätten, wenn wir unsere Schuld anerkennen würden. Wir verweigerten dies weiter, und unsere Anwälte fingen an, den Gang nach Karlsruhe (Bundesverfassungsgericht) vorzubereiten, um grundsätzlich feststellen zu lassen, wie weit die Grundrechte a) auf freie Meinungsäußerung (Artikel 5) und b) auf die Versammlungsfreiheit (Artikel 8) denn nun tatsächlich reichen.

2.4 In dieser Phase wurde das Verfahren wegen Geringfügigkeit eilig eingestellt.

3. Zusammenfassung von 1. und 2. :

3.1 Die Räumung des Waldstückes am Zwischenlager Gorleben durch die Polizei war letztendlich nicht rechtens! Dies rechtfertigt uns als Betroffene und stellt für uns eine große  Genugtuung dar!

3.2 Daß wir kein Karlsruher Urteil erhielten, ist bedauerlich; ich bezweifle nicht, daß wir auch dort Recht bekommen hätten.

3.3 So bleibt auch hier nur als tatsächlicher Fakt: meine Frau, meine Tochter und ich wurden freigesprochen.

4. Auf einem ganz anderen Blatt steht unsere tatsächliche Einlassung anläßlich des letzten Castor-Transportes (6 Behälter), als es für die Region Lüchow-Dannenberg zum dritten Mal bitter ernst wurde. Nie war der Widerstand so geschlossen in Lüchow-Dannenberg; ganze Lehrerkollegien, große Teile der Ärzteschaft, die Pastoren des Kirchenkreises (immer noch in der Rolle der Vermittler), Geschäftsleute, Bauern mit über 600 Traktoren und die nicht endende Masse von jungen, ganz jungen Menschen. Die

 

5. Zum Grundsätzlichen: Es bleibt ja die Frage, warum wir derart hart an der Beendigung der Energiegewinnung aus Kernspaltung festhalten. Hier nur 2 Argumente:

5.1 Falls ein Atomkraftwerk wie Stade oder Brunsbüttel eines Tages vom GAU, vom größten anzunehmenden Unfall, heimgesucht werden sollte, werden mehr als 2 Millionen Menschen verstrahlt, d.h. der Strahlenkrankheit und einem raschen oder auch andauernden Siechtum und Sterben ausgeliefert. Es gibt keinen Wirtschaftswert, der dies rechtfertigen könnte.

5.2 Der Atommüll, der im Gorlebener Salzstock versteckt werden soll, belastet den Lebensraum unserer Nachkommen über weit mehr als 10.000 Jahre, muß permanent bewacht werden und kann dennoch unter ungünstigen Umständen in den Lebensraum der jeweiligen Generation einbrechen und ihn verwüsten. Das treibt die wahren Kosten der Atomkraft um's Milliardenfach in die Höhe.

5.3 Das Argument der Rechtlichkeit des Vorgehens der Atomwirtschaft wird angesichts dieser Argumente (5.1u.5.2) völlig haltlos, wenn man mit Martin Luther (Kleiner Kathechismus, Erklärung zum 9.Gebot) den Begriff "Schein des Rechtes " einführt. Es gibt Sachverhalte, die den einen Rechtsstatus darstellen, der nicht zureichend ist (tatsächlich "ewige" Belastung der Biosphäre und sich deshalb bei genauerer Betrachtung als Schein des Rechtes entpuppt.

 

 

Der Unterschied zwischen Herrn Brandt und mir scheint darin zu bestehen darin: Er liebt offenbar den Untertanen, den Untertanengeist, der sofort zu tanzen bereit ist, wenn und wie die Polizei pfeift. Wir dagegen verstehen uns als freie Bürger und lieben den aufrechten Gang über alles...

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