Laudatio

Rede von Helmut Strecker

zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an

        • Martin Dethlefs
  • am 1.3.2001 in Hermannsburg
  •  

    Sehr geehrter Herr Landrat!

    Das ist ein großer Moment heute.

    Wann ist das schon geschehen, daß Vertreter des Staates denen ihre Achtung bezeugten mit Orden, die sich für den Schutz des Lebendigen eingesetzt haben.

    Sie sind ja alle Pioniere, die sich in unbegangenem Gelände bewegen und oft genug Anstoß erregen,, denn sie stoßen immer auf massive Interessen.

    Sie tun einen unschätzbaren Dienst für alle, und es ist eine tiefe Genugtuung, wenn der Staat, die Gesamtheit der Bürger, sich dazu bekennt.

    Martin Dethlefs ist einer. Da sind noch andere – sie dürfen ein Teil der Gesellschaft sein.

    Sie haben die Arbeit, was er geleistet hat, beschrieben und gewürdigt.

    Es ist die Außenseite, das, was man sehen kann.

    Es hat auch eine Innenseite, die wird auch hier und da sichtbar, aber sie ist nicht auf den ersten Blick deutlich.

    Ich denke an des erste Mal, daß wir von Gehrden aus euch in Hermannsburg besucht haben. Du hast uns durch einige Biotope geführt. Und ich merkte: du kennst sie ganz genau, qm für qm. Es ist das Schönste, was einem botanisch Interessierten begegnen kann, so geführt zu werden, so viel und so genau sehen zu können.

    Du kennst viele Biotope im Umkreis.
    Und kennst vielleicht alle so genau.

    Da kann man sie spüren, die Hingabe, des Herzens, des Verstandes, der Zeit und aller deiner Kräfte. Seit du dadrin steckst, war es dein Leben neben deiner Arbeit.
    Hingabe ist etwas Unbedingtes, also etwas Religiöses.

    Ich denke an einen anderen Moment, wo du
     mir diese herrliche Stelle mit Hunderten
    Exemplaren von Mondraute gezeigt hast,
    diesen kleinen Farn, der wirkt, als ob er aus
    grauer Vorzeit stammt. Du fingst an und
    zähltest sie Exemplar für Exemplar.

    Ich habe das nicht verstanden.

    In diesen Tagen fiel mir das Volkslied aus dem letzten Jahrhundert ein:

    „Weißt du, wieviel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt? Weißt du wieviel Wolken gehen weithin über alle Welt? Gott, der Herr, hat sie gezählet, daß ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl.“

    Warum sagt der Dichter so etwas?

    Es ist eine versteckte Aussage von der Liebe Gottes.

    Bei dem Zählen kommt sie heraus, deine Liebe zu diesen Gottesgeschöpfen.

    Du bist in der Zuwendung zu deinen Schützlingen ein ganz liebevoller Mensch. Dabei gibt es eine Gestalt der Liebe, das ist die Aufmerksamkeit, diese Bereitschaft, auf das, was du siehst, zu achten. Du hast ja immer wieder überraschende Entdeckungen gemacht. Das ist der Lohn dieser Bereitschaft. Du siehst etwas, was deine Liebe und Freude mächtig in Gang bringt. Du säst Aufmerksamkeit und erntest das Ausbrechen der Liebe und Freude.

     (Mir fallen immer wieder Bibelworte ein:

     Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet,

     will ich mich von euch finden lassen.)

    Und der Zorn, der zu dir nicht weniger gehört als die Liebe, der ist die Kehrseite der Liebe. Er ist der Spiegel der Verletzung des Lebendigen, des Unheils, das droht.

    Im Zorn bleibt ein Mensch lebendig und entgeht der Depression.

    An einer Stelle begegnet man beiden immer wieder: Wenn du schreibst. Deine Rundbriefe sind voller Aufwallung von Liebe oder Zorn. Das gibt ihnen den Atem und macht sie stark. Und dein Bericht von deiner Brasilienreise ist darum so stark, daß das Ev.-luth. Missionswerk daraus diesen prachtvollen Band gemacht hat:

     Durch Tränen siehst du schärfer

    Milton Schwantes, einer der großen lateinamerikanischen Theologen schreibt dazu im Vorwort, Zitat: „Dein Reisebericht „Durch Tränen siehst du schärfer“ ist ein Zeugnis von liebevoller und sensibler Anteilnahme an unserem brasilianischen Alltag. Für mich ist es eine ganz besondere Freude, erfahren zu können, welche Wunder sich im Herzen, in meinem und Deinem, aufdecken, indem wir uns in das so ganz Alltägliche anderer Menschen, der Bäume und der Wasser eingehen lassen. Wer so geht und steht, sich so einfühlt, so mitfühlt, so erkennt, der entdeckt, der erfährt, der fährt auch neue Wege für sein eigenes Leben.

    ... Während ich von deinen Begegnungen las, habe ich gemerkt, daß dich Schritt für Schritt Engel begleitet haben. Du bist den Menschen und den Vögeln so begegnet, daß sie aufgeleuchtet sind, daß sie Dir uns Leserinnen und Lesern zu Engeln werden konnten.“

    Das bringt uns noch auf etwas Neues: Da ist bei dir etwas beiander, was oft getrennt ist.

    • Die gleiche Aufmerksamkeit für Menschen, d.h. für dich: Arme, und die arme Kreatur,
    • und beide entdeckst du dabei als Engel.
    • Auch sie haben eine Gottesbotschaft, etwas Beglückendes und Hoffnung Weckendes.

    In Gehrden bei Hannover, wo ich bis vor kurzem gelebt habe, haben wir uns drangemacht, die Idee der Agenda 21, der Konferenz in Rio, aufzunehmen.

    Das ist ein umfassendes Programm. Umwelt und Soziales etwa sollen zusammenkommen. Bei dir sind sie in einer glücklichen Weise miteinander verbunden, als Mitarbeiter in der Mission, als Naturschützer. Sie sind verbunden in der Liebe. Du hast Liebe geübt in langen Jahren. Sie ist stark geworden in dir und sie hat dich mit ihrem starken Bruder, dem Zorn, lebendig gehalten und dich durchhalten lassen.

    Das ist sehr modern, von großer Bedeutung für das 21. Jahrhundert. Sie können stolz sein in Hermannsburg, daß Sie einen solchen Menschen des 21. Jahrhunderts in Ihren Reihen haben.

    Helmut Strecker

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